Rede zur Aktuellen Stunde "Direkte Demokratie und Ehrenamt in Pandemiezeiten"

Rede zur Aktuellen Stunde „Direkte Demokratie und Ehrenamt in Pandemiezeiten“

Thema der Aktuellen Stunde war auf Antrag der Fraktion BVB/Freie Wähler: „Direkte Demokratie und Ehrenamt in Pandemiezeiten“. Es lag ein Entschließungsantrag der Freien Wähler vor. Dieser wird abgelehnt.

Meine Rede ist als Video hier verfügbar.

Außerdem dokumentiere ich hier mein Redeskript. Ich bin davon leicht abgewichen, aber vom Greundsatz her hab ich das erzählt, was vorbereitet war.

„Anrede, mit dem Titel der Aktuellen Stunde haben die Freien Wähler zum wiederholten Male das Thema Direkte Demokratie aufgerufen. Als ich den Antrag zur Aktuellen Stunde in der ersten Fassung gelesen habe, hatte ich zuerst vermutet, dass es tatsächlich auch um ehrenamtliches Engagement in der Pandemie geht. Das hat sich dann mit dem Neudruck des Antrags erledigt und mit dem Feststellungsantrag der Freien Wähler von gestern wurde es vollends begraben. Und ehrlich gesagt ärgert mich das. Denn Sie suggerieren mit dem Titel der Aktuellen Stunde, es gehe Ihnen um direkte Demokratie und das Ehrenamt. Wenn man aber weiter liest merkt man, dass der Titel eigentlich heißen müsste „Das Volksbegehren „Erschließungsbeiträge abschaffen!“ retten“. Und das ärgert mich, weil es den Themen direkte Demokratie und Ehrenamt einfach nicht gerecht wird.

Dabei gäbe es dazu eine Menge zu besprechen: Eine dauerhafte Regelung für Volksinitiativen in Pandemiezeiten bspw. Aktuell gibt es, kann man einwenden, keine Volksinitiative. Vielleicht hat das aber gerade damit zu tun, dass die Regelungen zur Verlängerung der Sammlungsfristen ausgelaufen sind?

Wir könnten auch über notwendige Erleichterungen für Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene sprechen. Oder uns tiefgehender damit beschäftigen, welche Auswirkungen die Pandemie auf Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene haben. Stichworte Kinder- und Jugendbeteiligung, Einwohnerversammlungen, Arbeit von Beiräten usw. Wir könnten auch über die Verbesserung der Ehrenamtsförderung, über notwendige Entbürokratisierung der Förderstrukturen oder über eine Engagementstrategie sprechen.  Aber um all das geht es nicht. Es geht nur um das von Ihnen gestartete Volksbegehren.

Das kann ich sogar verstehen, weil es natürlich für Sie politisch enorm wichtig ist, dass dieses Volksbegehren Erfolg hat. Für die direkte Demokratie, das Ehrenamt und die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger ist es aber eine vertane Chance.

Dabei sind wir durchaus auf Ihrer Seite, wenn es um die konkrete  Frage geht, dass es eine Lösung für das Volksbegehren zu den Sandpisten geben muss, da die Situation natürlich Auswirkungen auf die Mobilisierungsfähigkeit hat. Eine solche Lösung wird aber nur im Konsens zu finden sein und ich bin nicht sicher, ob eine aktuelle Stunde in dieser Form ein sinnvoller Weg zur Konsensfindung ist.

Aber seis drum: Das Thema direkte Demokratie und Verbesserung der Rahmenbedingungen liegt uns sehr am Herzen. Dabei hat sich in der fünften Wahlperiode schon einiges bewegt: Unterschriften für ein Volksbegehren können seitdem auch vor ehrenamtlichen Bürgermeistern, aber auch in anderen als Amtsräumen abgegeben werden. Die Eintragungsfrist ist auf 6 Monate verlängert. Und nicht zu vergessen, schon vorher beschlossen, Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr können an allen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden teilnehmen.

Außerdem wurde die briefliche Eintragung ermöglicht. Das ist aus meiner Sicht auch jetzt in der Pandemie ein klarer Vorteil. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger nutzen bei Wahlen die Form der Briefwahl, insofern kann man davon ausgehen, dass es auch eine recht hohe Akzeptanz für eine briefliche Eintragung bei einem Volksbegehren geben könnte. Könnte, weil diese Möglichkeit in der Bevölkerung zu wenig bekannt ist. Ein deutlich höheres kommunikatives Engagement seitens der Landesregierung und der Kommunalverwaltungen wäre hier wünschenswert.

Aber, auch wenn es bereits Verbesserungen gegeben hat, nichts ist so gut, als dass es nicht verbessert werden könnte, und da haben wir im vergangenen Jahr stolz von der Koalition gehört, dass die online-Eintragung kommen werde. Wann haben Sie freilich nicht dazu gesagt. Die Halbzeit der Legislaturperiode steht kurz bevor. Es wäre gut, wenn die Koalition der Prüfaufträge und Ankündigungen wenigstens in dieser Frage zu einer Koalition der Taten werden würde. Die Linke fordert seit Jahren die bestehenden Möglichkeiten zu erweitern und die Beschränkungen abzubauen. Wir werden uns diesem Ansinnen nicht entgegenstellen. Und wenn wir einmal dabei sind: Eine Straßensammlung statt der Amtseintragung wäre auch eine denkbare Alternative, falls es juristische oder technische Hürden für die Online-Eintragung gibt.

Noch ein paar Sätze zum Abschluss zum Entschließungsantrag der Freien Wähler:  Der Antrag hat sich mir nicht wirklich erschlossen und ich hab mehrfach gelesen um zu verstehen, was Sie jetzt eigentlich erreichen wollen. Er enthält Feststellungen, denen man durchaus zustimmen kann. Allein man hat den Eindruck, dass auch den Antragstellern keine Lösung eingefallen ist und es insofern keinerlei Schlussfolgerungen gibt. Lediglich in Punkt 5 wird ein Nachtragsausgleich eingefordert. Was damit gemeint ist, bleibt offen. Und warum das Volksbegehren nicht wie im parlamentarischen Verfahren üblich namentlich benannt sondern auf die Anlage verwiesen wird, in der sich dann der Zettel zur Anforderung von Abstimmungsunterlagen für das Volksbegehren findet, dürfte wohl vor allem PR-Gründe haben.

Wir werden uns zu dem Antrag enthalten.“