Und jedes Jahr das gleiche Spiel… Haushaltsberatung im Kreistag
Der Beschluss des Haushalts ist in jedem Parlament und jeder Kommunalvertretung eine der wichtigsten Aufgaben, ist er doch die Handlungsgrundlage für die Verwaltung. Alles, was Geld kostet, muss dort drin sein oder findet nicht statt. Haushalte sind deshalb wichtige politische Steuerungselemente. Dementsprechend wird bei den Haushaltsberatungen die politische „Linie“ für das kommende Jahr festgelegt. Man erwartet deshalb Ernsthaftigkeit und Debatte und das Ringen um die beste Lösung für Bürgerinnen und Bürger.
Nun, im Havelland ist das in der Regel etwas anders: Der Haushaltsentwurf wird vorgelegt, die Gemeinden udn Städte machen Einwendungen, die grundsätzlich abgelehnt werden, die Fraktionen der Zählgemeinschaft kriegen etwas „Spielgeld“ in die Hand, das sie mit Anträgen, die natürlich immer beschlossen werden, untersetzen können und die Oppositionsfraktionen können beantragen, was sie wollen, es wird mit Sicherheit abgelehnt.
Und so war es auch in diesem Jahr. Die Zählgemeinschaft aus SPD, CDU, FDP, Bauern und Familienpartei hat heute alle unsere Änderunganträge zum Haushalt abgelehnt, den zu mehr Geld für Deutschkurse für AsylbewerberInnen, den zur Aufstockung des Budgets für die Kinder- und Jugenderholung, den zur Einstellung zusätzlicher Mittel für SchulsozialarbeiterInnen, den zur Realisierung eines Blitzers in Wernitz und auch den zur Erstellung einer Studie zum Wassermanagement. (Die Anträge kann man sich hier anschauen!) Dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Schaffung einer Busanbindung für Stölln auch über die Buga hinaus ereilte das gleiche Schicksal. Fast unnötig zu erwähnen, dass die Anträge der Zählgemeinschaft (die erstaunlicherweise am Ende abgestimmt wurden, nicht etwas nach Zeitpunkt des Eingangs… so ist es für die Abgeordneten der Zählgemeinschaft leichter, keine Fehler zu machen bei der Abstimmung, erst alles ablehnen, dann Schalter um und alles annehmen…) alle angenommen wurden. Auch wir konnten einigen davon, bspw. dem Antrag zur Förderung besonderer Projekte bürgerschaftlichen Engagements im sozialen Bereich und zur Förderung der sozialen Integration, zustimmen. Die Zählgemeinschaft hat aber ein weiteres Mal bewiesen, dass es ihr wichtiger ist, wer den Antrag einbringt, anstatt den Inhalt zu bewerten.
In dem Zusammenhang kann man denn auch der sozialdemokratischen Partei im Havelland ganz herzlich gratulieren. Großartige Politik, wenn die Folgsamkeit gegenüber dem Landrat wichtiger ist als die Belange von Asylbewerberinnen und von Kindern und Familien.
Meine Rede zum Haushalt dokumentiere ich hier:
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Frau Kreistagsvorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste sowie Vertreterinnen und Vertreter der Presse,
Haushaltsdebatten sind die Sternstunden von Parlamenten, auch von Kommunalvertretungen. Traditionell nutzt die Opposition dies für die Generalkritik an der praktizierten Politik und die Koalition oder hier auch Zählgemeinschaft, versucht sich ins beste Licht zu rücken.
Ich will insofern damit brechen, dass ich mit einem Lob beginne: Ich freue mich sehr, dass die Kreisverwaltung endlich bereit ist, angesichts der guten Haushaltslage des Landkreises die Kreisumlage zu senken- Dies ist auch der Haushaltspolitik der rot-roten Landesregierung zu verdanken, die in den letzten Jahren kontinuierlich den durch schwarz-rot vorgenommenen Vorwegabzug abgeschmolzen und die Zuweisungen an die Kommunen erhöht hat. Wir hätten uns – wie auch einige Städte und Gemeinden in ihren Einwendungen – eine weitere Senkung gut vorstellen können. Wir sind aber froh, dass sich in diesem Bereich endlich etwas bewegt und wir erkennen an, dass aus den Mitteln der Kreisumlage vorrangig Maßnahmen, die allen Kommunen zu Gute kommen, bspw. das Kleininvestitionsprogramm, der goldene Plan aber auch die Errichtung von Asylbewerberunterkünften, finanziert werden. Die Senkung der Kreisumlage sorgt für mehr Handlungsspielräume bei den Städten und Gemeinden bei gleichzeitiger Wahrung der Handlungsfähigkeit des Landkreises und findet deshalb unsere Zustimmung.
Viel mehr haben wir in dieser Wahlperiode noch nicht von der Zählgemeinschaft erleben dürfen. Wir waren sehr gespannt, was CDU, SPD, FDP, Bauern und Familienpartei mit dem Havelland in den nächsten Jahren vor haben. Gern hätten wir das auch im Vertrag der Zählgemeinschaft nachgelesen. Aber mit Transparenz haben wir es im Havelland ja scheinbar nicht so. Wie schon in der letzten Wahlperiode war es selbst auf persönliche Nachfrage bei den Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU nicht möglich, den Vertrag zur Zählgemeinschaft einzusehen. Dieser soll offensichtlich der Öffentlichkeit vorenthalten werden, in meinen Augen ein unglaublicher Skandal. Originalzitat Rocco Buchta: „Eine Veröffentlichung des Vertrages zur Bildung der Zählgemeinschaft ist aktuell nicht vorgesehen. Der angehängten Pressemitteilung können Sie jedoch alle vereinbarten Schwerpunkte entnehmen, weshalb ich sie Ihnen gerne zukommen lasse“. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun stellen wir uns mal kurz vor, was passiert wäre, wenn der Koalitionsvertrag auf Landesebene zwischen SPD und der LINKEN in einer kurzen Pressemitteilung zusammengefasst worden wäre und es sich ansonsten um ein Geheimpapier handeln würde. Ich bin mir ganz sicher, der Aufschrei im Land wäre ohrenbetäubend gewesen – zu Recht übrigens. Bürgerinnen und Bürger, Wählerinnen und Wähler, Vereine und Verbände und auch die Opposition wollen natürlich wissen, was die Mehrheitsfraktionen planen. Transparenz macht Meinungsstreit und die Diskussion um die besseren Konzepte erst möglich. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Zählgemeinschaft sich dieser Diskussion scheinbar entziehen will. Und natürlich müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, welche Geheimnisse, die die Öffentlichkeit nicht wissen darf, Sie in Ihrem Vertrag zu verstecken suchen. Solches Agieren erweckt zumindest den Eindruck von Hinterzimmerpolitik und genau dieser Eindruck verstärkt Politikverdrossenheit und die weit verbreitete Meinung, die Politiker würden ja eh machen was sie wollen. Ich hätte mir gewünscht, dass der Start in die neue Wahlperiode dazu genutzt wird, hier im Kreistag zu einem besseren Umgang miteinander zu kommen. Ich kann Ihnen versichern, ein bisschen mehr Offenheit und Debatte und Ringen um die beste Lösung bringt nicht nur bessere Ergebnisse, es macht sogar Spaß.
Aber zurück zum Haushalt. Zur Kreisumlage habe ich ja bereits etwas gesagt. Gleichzeitig sind wir froh, dass auch in diesem Jahr der Landkreis Havelland aufgrund der soliden Haushaltslage klare Prioritäten zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger setzen kann. Vor allem die fortgesetzten Anstrengungen im Bereich Investitionen in die Schulen im Havelland finden unsere ausdrückliche Unterstützung. Ich will hier vor allem die Ertüchtigung des Standortes Friesack hervorheben, die sicher stellen wird, dass die Ausbildung von SozialassistentInnen und ErzieherInnen erfolgen kann. Dies ist eine wichtige Investition in die Zukunft, bereits jetzt herrscht in diesem Bereich Fachkräftemangel und im ganzen Havelland und in ganz Brandenburg werden händeringend Erzieherinnen und Erzieher gesucht.
Auch die weiteren Investitionen im Bildungsbereich, die brandschutztechnischen Maßnahmen und die zusätzlichen naturwissenschaftlichen Fachunterrichtsräume an der Oberschule in Friesack, die Erweiterung des Goethe-Gymnasiums in Nauen und auch die geplanten Maßnahmen an den Förderschulen finden ausdrücklich unsere Unterstützung. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Antrag meiner Fraktion zur Einstellung von Mitteln zur Finanzierung zusätzlicher Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter aufmerksam machen. Investitionen sind das eine, die Verbesserung der Ausstattung mit SchulsozialarbeiterInnen ist uns ebenfalls ein Anliegen.
Bei Erstellung des Haushaltsplans war noch nicht absehbar, dass im Koalitionsvertrag zwischen SPD und LINKER auf Landesebene eine Aufstockung des 510-Stellen-Programms vorgesehen ist. Hier im Kreistag haben wir ja bereits darüber geredet, dass wir mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter wollen. Wir sollten deshalb die erforderlichen Mittel zur Ko-Finanzierung in den Haushalt einstellen, um die Stellen sofort nutzen zu können, wenn sie zugewiesen sind.
Zur Bildung gehört aber auch Erholung. Durch den Antrag „Zuschuss für Maßnahmen der Kinder- und Jugenderholung“ möchten wir eine Erhöhung des Budgets für die Förderung von Trägern mit Ferien- und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche, im speziellen für die Kinder- und Jugenderholung, erreichen. Diese Angebote kommen vor allem sozial schwachen Familien zu Gute. In den vergangenen Jahren wurden von den Trägern stets mehr Mittel beantragt als im Fördertopf vorgesehen waren. Und auch für das kommende zeichnet sich schon jetzt ein Mehrbedarf ab. Um der gestiegenen Nachfrage und unserer sozialen Verantwortung Rechnung zu tragen, beantragen wir somit eine Erhöhung dieser Förderung durch den Landkreis um 10.000 €.
Gleichzeitig begrüßen wir auch die erheblichen Anstrengungen des Landkreises im Bereich der Flüchtlingsunterbringung. Ich hoffe, wir sind hier weitgehend einig, dass es unsere Aufgabe ist, Flüchtlingen im Havelland den bestmöglichen Start zu ermöglichen. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, die Standards des Landes bei der Unterbringung einzuhalten. Uns hat dabei geholfen, dass die rot-rote Landesregierung im letzten Jahr ein 5-Millionen-Euro-Programm aufgelegt hat, das die Kommunen bei der Schaffung von menschenwürdigen Unterkünften unterstützt. Wir werden weitere Anstrengungen unternehmen und ich bin zuversichtlich, dass auch hierbei das Land seinen Beitrag leisten wird. Unsere Aufgabe als Kreistag ist es aber nicht nur, sicherzustellen, dass gute Unterkünfte zur Verfügung stehen. Unsere Aufgabe ist auch, dass eine kontinuierliche Betreuung sichergestellt wird und wir müssen die zivilgesellschaftlichen Kräfte stärken, die vor Ort darum ringen, den Flüchtlingen ein gutes Willkommen zu bereiten und Unterstützungsangebote organisieren. Ich hoffe, der Antrag der Zählgemeinschaft zur Förderung besonderer Projekte bürgerschaftlichen Engagements im sozialen Bereich und zur Förderung der sozialen Integration zielt unter anderem auch in diese Richtung.
Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, dass derzeit bundesweit die Flüchtlingszahlen steigen. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass ein sehr großer Anteil der aufzunehmenden Flüchtlingen aus ganz unterschiedlichen Gründen auf längere Zeit bei uns bleiben wird. Es geht deshalb nicht nur um Unterbringung – auch wenn dies derzeit zu Recht Priorität hat – es geht um Aufnahme, um Aufnahme in die Gesellschaft.
Mit unserem Antrag „Hilfen für AsylbewerberInnen“ möchten wir die Integration von Flüchtlingen im Havelland verbessern. Eine wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache. Nur mit ausreichenden Sprachkenntnissen können sich die Hilfe suchenden Menschen im Alltag hier zurecht finden und am sozialen und kulturellen Leben unseres Landkreises teilhaben. Da absehbar ist, dass das Havelland auch im kommenden Jahr deutlich mehr Flüchtlinge und AsylbewerberInnen aufnehmen wird, setzen wir uns für eine Erhöhung des Budgets um 10.000 € ein.
Meine Damen und Herren,
Sie wissen, wir begleiten als LINKE seit Jahren sehr kritisch die Entwicklung der kreiseigenen Gesellschaften Schloss Ribbeck und MAFZ. Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, beim Schloss Ribbeck die Tendenz, immer stärkeren finanziellen Engagements des Landkreises für den laufenden Betrieb zu stoppen. Wir alle wissen, dass man mit einer solchen Kultureinrichtung keinen Gewinn erzielt. Inzwischen zeigt sich: Die Restrukturierung und die Kooperation mit dem Kulturzentrum Rathenow haben der Gesellschaft gut getan und das Projekt ist insgesamt auf einem guten Weg.
Kritischer sehen wir nach wie vor die Entwicklung des MAFZ. Der dauerhafte hohe Zuschussbedarf durch den Landkreis für Investitionen und Umbauten im Erlebnispark bei gleichzeitig kaum verbesserter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens sorgt uns nach wie vor. Und, nebenbei bemerkt, auch in diesem Jahr findet sich im Wirtschaftsplan nicht eine einzige Zeile zu Vorhaben in 2015, zur Entwicklung der Veranstaltungs- und Besucherzahlen usw. Ich würde mir wirklich sehr wünschen, dass uns künftig, gerade weil das Projekt nicht unumstritten ist, mit dem Wirtschaftsplan ein wenig mehr vorgelegt wird, als ein nacktes Zahlenwerk.
Meine Damen und Herren,
sehr kurzfristig ist Ihnen ein weiterer Änderungsantrag meiner Fraktion zugegangen. Er sieht vor, einen stationären Blitzer am Ortseingang von Wernitz bereits im Haushaltsjahr 2015 zu realisieren. Die Abgeordneten, die bereits in der vorangegangenen Wahlperiode Mitglied des Kreistages waren, werden sich erinnern, dass dieser Blitzer bereits schon einmal im Haushalt vorgesehen war. Aufgrund diverser Umstände wurde er jedoch nicht realisiert und die bereitgestellten Mittel wurden für andere Standorte verwendet. Da die Probleme vor Ort inzwischen nicht beseitigt sind und es sich bei der L863 um eine Straße mit sehr hohem Verkehrsaufkommen handelt, plädieren wir dafür, diesen so schnell wie möglich zu realisieren.
Meine Damen und Herren,
unsere Einschätzung ist, wie ausgeführt, sehr differenziert und würdigt auch die vielen positiven Ansätze im Haushaltsplanentwurf. Ich wünsche mir sehr, dass Sie mit einer ähnlich differenzierten Haltung über unsere Änderungsanträge entscheiden.
Danke.