Rede zum Antrag der AfD "Abschiebeoffensive statt Kuscheljustiz und Böllerverbot"

Rede zum Antrag der AfD „Abschiebeoffensive statt Kuscheljustiz und Böllerverbot“

Die AfD hat den Antrag „Abschiebeoffensive jetzt statt Kuscheljustiz und Böllerverbot“ eingebracht.

Meine Rede dazu ist hier als Video zu finden.

Das Skript meiner Rede dokumentiere ich hier:

„Wie nicht anders zu erwarten, auch in dieser Landtagssitzung ein Antrag zu Abschiebungen. Und natürlich nach dem altbekannten Muster: man nehme ein aktuelles Ereignis, das gesellschaftliche Debatten auslöst – in diesem Fall die Ausschreitungen zu Silvester – und behaupten, dass die Migration Schuld sei und mehr Abschiebungen das Ereignis verhindert hätte. Das ganze garniert mit ein bisschen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und für die Dramatik auch noch die Erinnerung an frühere Ereignisse, an denen natürlich auch die Migration Schuld war, plus die üblichen Textbausteine zu Abschiebungen und schon ist ein Antrag fertig.

Aber meine Damen und Herren, so unterkomplex ist die Problematik nicht. Es gab auch in den vergangenen Jahrzehnten Krawalle und Ausschreitungen rund um den Jahreswechsel. Möglicherweise ist die mediale Aufmerksamkeit gestiegen, es gibt auch Hinweise, dass – nicht nur in diesem Jahr, die Vorfälle medial aufgebauscht wurden. Es handelt sich aber nicht um ein neues Phänomen. Ich empfehle Ihnen mal die Berichte zu Silvester vor 10 Jahren zu lesen. Die klingen nicht wesentlich anders.

Und auch Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei sind leider nichts Neues, im Gegenteil, in den vergangenen Jahren ist eine Zunahme solcher Delikte zu beobachten. Das macht solche Angriffe nicht besser, im Gegenteil, jeder Angriff auf Einsatzkräfte ist zu verurteilen. Es nimmt der Debatte, die hier durch die AfD aufgemacht wird, aber die Hysterie und trägt zur Versachlichung bei.

Neu ist allerdings die sofortige mediale Festlegung, angetrieben von der CDU/CSU und der AfD, auf eine bestimmte Gruppe vermeintlicher Täter: jung und migrantisch. Die Berliner CDU ging sogar soweit, nach den Namen der Tatverdächtigen mit deutscher Sprache zu fragen. Vermutlich, um zu beurteilen, wer richtig deutsch ist und wer nicht. Wo da noch der Unterschied zur AfD ist, bleibt Geheimnis der CDU, aber das nur am Rande.

Dabei sprechen die Fakten eine andere Sprache. In der Debatte geht es vorrangig um Berlin Neukölln. Das passt gut ins rassistische Narrativ. Wer aber redet über Borna, wo es ebenfalls massive Ausschreitungen gab, garniert mit Sieg-Heil-Rufen? Wer redet über Bonn, Hagen, Wuppertal, oder in Sachsen Leipzig, Rossau, Jahnsdorf und viele andere?

Die Ursache ist nicht Migration. Vielmehr sind die Ursachen vielschichtig. Richtig ist, dass ein guter Teil derjenigen, die Silvester randaliert haben, jung und männlich sind. Das ist übrigens genau die Gruppe, die zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften das größte Gewaltpotential besitzt.

Und wir wissen auch, dass Armut, schlechte Bildungschancen, Marginalisierung, Diskriminierung und Perspektivlosigkeit zusätzlich zu Frust führen und Gewaltaffinität begünstigen. All dies trifft oftmals auf Migrantinnen und Migranten zu, aber nicht nur. Die Bekämpfung sozialer Verwerfungen sind deshalb der Ansatz, über den zu reden ist. Nicht Hautfarbe oder Herkunft.

Und auch Diskussionen über die Ursachen zunehmender Verrohung in gesellschaftlichen Debatten und Auseinandersetzungen, das Misstrauen gegen den Staat und staatliche Organe und die damit im Zusammenhang stehende Respektlosigkeit und zunehmende Gewaltbereitschaft gegen Menschen, die als Vertreter des Staates wahrgenommen werden, wie Polizisten, Feuerwehrleute oder auch Rettungskräfte, sind dringend angezeigt.

Meine Damen und Herren von der AfD, ihr Antrag ist unterkomplex und bereits die Analyse ist – wie dargelegt – schlicht falsch. Damit sind auch die Schlussfolgerungen obsolet. Wir lehnen Ihren Antrag ab.“