Rede zum Antrag der AfD "Asylantragsteller bis zum Verfahrensabschluss in Erstaufnahmeeinrichtung unterbringen"

Rede zum Antrag der AfD „Asylantragsteller bis zum Verfahrensabschluss in Erstaufnahmeeinrichtung unterbringen“

Die AfD forderte, dass Asylsuchende bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag durch das zuständige Bundesamt ausschließlich in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht werden. Der AfD-Antrag wurde abgelehnt.

Meine Rede dazu ist hier als Video verfügbar.

Außerdem hat die AfD-Abgeordnete Bessin eine Kurzintervention zu meiner Rede gemacht, auf die ich geantwortet habe. Das Video dieses kleinen Intermezzos ist hier verfügbar.

Meinen Redebeitrag dokumentiere ich hier zitiert nach der vorläufigen stenografischen Niederschrift:

„Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die AfD stellt fest:

„Die illegale Migration nach Deutschland entwickelt sich […] besorgniserregend.“

Schauen wir auf die Zahlen: Knapp 11 000 Menschen sind in diesem Jahr über die Route Belarus-Polen nach Deutschland gekommen, von ihnen bleiben ungefähr 330 in Brandenburg, denn Brandenburg nimmt nach dem Königsteiner Schlüssel 3 % der Geflüchteten auf. Das ist keine besorgniserregende Größenordnung. Ca. 37 000 Personen sind in Griechenland anerkannt, ungefähr 1 200 Personen sind nach Brandenburg gekommen; auch das ist nicht besorgniserregend. Aber, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, was besorgniserregend ist und was ich besorgniserregend finde: Ich finde es besorgniserregend, wenn Menschen in der Subsahara verdursten. Ich finde es besorgniserregend, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken. Und ich finde es besorgniserregend, wenn Menschen in Polen erfrieren.

Ihre Hauptforderung ist, dass Menschen während der Dauer des Verfahrens in der Erstaufnahme unterzubringen sind. Frau Gossmann-Reetz hat eben schon etwas dazu gesagt, und ich sage Ihnen: Die Verfahrensdauer selbst ist überhaupt nicht das Problem. Das eigentliche Problem oder, besser gesagt, der eigentliche Gang der Welt und der Verfahren ist, dass Menschen gegen einen Bescheid auch klagen können; dafür leben wir in einem Rechtsstaat. Und die Klageverfahren dauern teilweise deutlich länger als ein Jahr. Wollen Sie also tatsächlich Menschen über ein Jahr in der Erstaufnahmeeinrichtung konzentrieren, heißt es das? Das würde mich bei Ihrem Menschenbild nicht wundern.

Sie haben aber auch noch nicht verstanden, dass eine Ablehnung nicht gleich die Pflicht zur Ausreise bedeutet. Denn es gibt in diesem Land zivilstandsbezogene und persönliche Duldungsgründe und Abschiebungsverbote. Das bedeutet – ob es Ihnen nun gefällt oder nicht ‑, dass ein guter Teil der Menschen, auch wenn der Antrag abgelehnt wurde, in Deutschland bleibt.

Und ja, dann ergibt es Sinn, dass wir sie integrieren. Gestern hat uns Frau Bessin noch erklärt, dass Sie für Integration sind. Dann sage ich Ihnen einmal, was Integration praktisch heißt: Integration heißt Sprache lernen, Integration heißt, in die Schule zu gehen, Integration heißt, zur Arbeit zu gehen, und Integration heißt eben auch, im Verein Fußball zu spielen oder Ähnliches. Und all das ist in der Erstaufnahmeeinrichtung nicht möglich, und genau das ist das Problem bei Ihrem Antrag, und genau deshalb werden wir ihn ablehnen. Wir werden uns nicht daran beteiligen, dass Menschen über Jahre in Einrichtungen konzentriert werden sollen. Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung: Ich musste über Ihren Antrag wirklich lachen, und dabei geht es um Ihre Quellenverweise. Wenn man Quellenangaben macht, versucht man ja irgendwie, seinen Antrag ein bisschen seriöser zu machen oder zu zeigen, dass er auf Fakten beruht. Da nehmen Sie nun die Quellenangabe „Bild“-Zeitung. Da kann man sich noch streiten, ob das eine seriöse Quelle ist. Aber wenn Sie dann Ihre eigenen Anträge als Quellenangabe verwenden und das nicht nur an einer Stelle, kann ich nur sagen: Nein, Ihre Anträge werden nicht substanzvoller, wenn Sie als Quellenangaben Ihre eigenen Anträge verwenden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“

Und auch meine Antwort auf die Kurzintervention von Frau Bessin sei hier dokumentiert:

„Frau Bessin, ich glaube, Sie haben mir nicht richtig zugehört. Ich habe Ihnen auseinandergesetzt, dass in der Erstaufnahmeeinrichtung, wo Sie die Menschen dauerhaft, über Jahre unterbringen wollen, Integration nicht möglich ist, denn – das habe ich Ihnen auch gesagt – Integration heißt Sprache lernen, Integration heißt arbeiten gehen, Integration heißt eine Ausbildung machen; und genau das wird in der Erstaufnahmeeinrichtung nicht funktionieren.

Deshalb sage ich: Sie wollen Sie Integration verhindern. Da können Sie mir noch 20-mal erzählen, dass es anders ist. Dieser Antrag zeigt: Sie wollen keine Integration, sondern Sie wollen ausgrenzen. Ausgrenzen, ausgrenzen! – Das ist Ihr Programm!“