Rede zum Bericht der Landesregierung zu Unterbringung und Versorgung unbegleiteter minderjähriger Ausländer

Rede zum Bericht der Landesregierung zu Unterbringung und Versorgung unbegleiteter minderjähriger Ausländer

Auf der Tagesordnung stand der Bericht der Landesregierung „Auswirkungen der bundes- und landesrechtlichen Regelungen auf die Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländerinnen und Ausländer im Land Brandenburg gemäß § 24j des Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (AGKJHG)“ Drucksache 7/5758.

Meine Rede dazu ist hier als Video verfügbar.

Das Skript zur Rede dokumentiere ich hier:

„Mein Sohn ist jetzt 15 Jahre alt und wenn ich mir vorstelle, er wäre ganz allein in einem anderen Land, weil er hier bei mir nicht mehr sicher leben könnte, ich würde täglich vor Angst vergehen und mir wünschen, dass bestmöglich für ihn gesorgt wird. Und unter den unbegleiteten Minderjährigen sind viele, die noch deutlich jünger sind als mein Sohn. Wir tun also gut daran, genau hinzuschauen, wie es den jungen Menschen in unserem Land geht, die hier ganz allein bei uns aufgenommen wurden.

Der uns vorliegende Bericht zu den Auswirkungen der bundes- und landesrechtlichen Regelungen auf die Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter Ausländerinnen und Ausländer im Land Brandenburg ist der dritte seiner Art. Während der erste Bericht sehr ausführlich die Situation der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen beschrieb, blieb der zweite Bericht aus dem Jahr 2020 im Allgemeinen und Vagen. Leider setzt sich das mit diesem Bericht fort.

Und so weiß die geneigte Leserin oder der geneigte Leser nach dem Studium des Berichts leider nicht, wie es den Kindern und Jugendlichen wirklich geht. Zwar werden besondere Problemlagen, bspw. beim Übergang von Schule in Ausbildung und Beruf beschrieben, wir wissen aber weder, bei wie vielen Jugendlichen eine berufliche Integration gelungen ist und bei wie vielen nicht, noch wissen wir, wie die Landesregierung dieses Problem bearbeiten möchte. Wir wissen nicht, wie viele der Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht sind und wie viele bei Pflegefamilien leben, wie sich die Vormundschaft gestaltet oder bei wie vielen eine Familienzusammenführung innerhalb Deutschlands oder auch ein Familiennachzug aus dem Herkunftsland geglückt ist. Wir wissen auch nicht, wie viele von ihnen aufgrund erlittener Traumata und Belastungen im Herkunftsland und auf der Flucht einer psychologischen oder psychiatrischen Behandlung bedürfen und bei wie vielen von ihnen eine solche Behandlung stattfindet oder auch nicht stattfindet. Ja wir wissen nicht einmal, wie viele Kindern du Jugendliche in welchem Landkreis oder welcher kreisfreien Stadt untergebracht sind.

All das hatten wir vor zwei Jahren bereits kritisiert und ich hatte gehofft, dass der nun vorliegende Bericht zumindest einen Teil der Kritik, der damals ja durchaus nicht nur von der Opposition geäußert wurde, aufnimmt. Das tut er leider nicht. Und das bedaure ich sehr. Handelt es sich doch bei den unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländern um eine der schutzbedürftigsten Gruppen, die wir in Deutschland aufnehmen.

Stattdessen bleibt auch dieser Bericht sehr im Allgemeinen und stellt nur grundsätzlich dar, welche rechtlichen Grundlagen und Leistungsangebote in Brandenburg gelten bzw. angeboten werden. Es fehlen Einschätzungen zu den Wirkungen der Maßnahmen und auch auf mündliche Nachfrage von uns konnte das MBJS nicht darlegen, ob und in welcher Qualität die Leistungsangebote junge Menschen mit Fluchthintergrund wirklich erreichen, ob sie die Bedarfe decken und, ob, die vorhandene Angebotsstruktur tatsächlich zur Integration dieser jungen Menschen vor allem hinsichtlich der Schwerpunktzielsetzungen – sprachliche Entwicklung, schulische Integration und berufliche Einmündung – in Brandenburg tatsächlich beitragen.

Ich weiß, dass die Jugendämter in Brandenburg in den vergangenen Jahren intensiv und mit großer Sensibilität daran gearbeitet haben, den unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen, die Hilfen und Angebote kontinuierlich den Bedarfen anzupassen und die Qualität der Maßnahmen ständig zu erhöhen. Wir wünschen uns jedoch mehr Engagement seitens des Landes vor allem hinsichtlich der von der Landesregierung selbst benannten Handlungsfelder beim Übergang in die Selbstständigkeit, bei der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung, bei Sprachangeboten und der Integration in Ausbildung und Arbeit. Diese Handlungsfelder betreffen bei Weitem nicht nur die unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen, bei ihnen werden die Bedarfe jedoch aufgrund der fehlenden familiären Unterstützung besonders dringlich.

Insofern bleibt mir zum Ende meiner Rede nur die Bitte, die im Bericht durch die Landesregierung selbst definierten Handlungsfelder intensiv zu bearbeiten und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei deren Arbeit intensiv zu begleiten und zu unterstützen.“