Rede zum Bericht der Landesregierung zum Standarderprobungsgesetz

Rede zum Bericht der Landesregierung zum Standarderprobungsgesetz

Der Landtag nimmt den Siebten Bericht der Landesregierung zur Umsetzung des Brandenburgischen Standarderprobungsgesetzes zur Kenntnis. Das seit 2006 bestehende Gesetz zielt auf Bürokratieabbau ab. Kommunen können auf Antrag in ihrem Verwaltungshandeln von den üblichen Verfahren abweichen, um einfachere und weniger bürokratische Standards zu entwickeln. Es lag außerdem ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vor.

Meine Rede dazu ist hier als Video verfügbar.

Außerdem ziziere ich hier die Rede aus der vorläufigen stenografischen Niederschrift:

„Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 15 Jahren können Kommunen beantragen, zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau von landesrechtlichen Vorgaben abweichen zu dürfen. Dem ging ein 2005 eingesetzter Sonderausschuss dieses Landtags voraus, der die Aufgabe hatte, die Landesregierung bei der Aufgabenkritik zu begleiten und eine umfassende sowie aufgabenkritische Bewertung von Vorschriften und Gesetzen des Landes durchzuführen. Meine ehemalige Kollegin Margitta Mächtig sagte später über die Aufgabe, die sich der Landtag 2005 gestellt hat, dass die Vision damals war:

„Brandenburg hat eine der modernsten Verwaltungen Europas. Die Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft und Vereinen und anderen Behörden werden sofort, freundlich, kompetent und wirtschaftlich bearbeitet. Seniorinnen und Senioren in der Uckermark wie auch in der Lausitz können alle Amtsgänge direkt am Dorfanger im mobilen persönlichen Bürgerservice erledigen oder bequem per Internet von zu Hause aus. […] Die neue Verwaltungskultur jenseits von Bevormundung und überkommenem Zuständigkeitsdenken wirkt sich belebend auf das gesellschaftliche Zusammenleben aus.“

Das war eine Vision, der wir uns sicher auch heute noch anschließen können, und wir wissen 15 Jahre später, wie groß diese Aufgabe ist und wie weit wir noch davon entfernt sind. Sicher, das Standarderprobungsgesetz allein hätte diese Vision nicht erreichen können. Dennoch war es – zumindest in der Anfangszeit – ein wichtiges Instrument, um Bürokratie abzubauen und Verwaltungshandeln zu vereinfachen.

Dass es jedoch seit mehreren Jahren keine neuen Anträge mehr gab, kann viele Ursachen haben; der Innenminister hat eben zwei genannt.
Ich habe noch einige weitere Ideen, woran dies liegen könnte: Vielleicht ist das Gesetz bei den Kommunen in den vergangenen Jahren aus dem Blick geraten. Vielleicht war der Antragsaufwand zu hoch. Vielleicht waren Enttäuschungen durch Ablehnung oder unterschiedliche Bewertungen von Erprobungsergebnissen ursächlich, und vielleicht hat das Auslaufen des Gesetzes 2021 wegen zu geringer Zeit, die noch für die Erprobung zur Verfügung gestanden hätte, eine Rolle gespielt. Mit diesen Möglichkeiten sollten wir uns als Landtag allerdings auseinandersetzen. Deshalb verwundert ein Blick in den Entschließungsantrag der Koalition. Dort wird zwar der Landesregierung der Auftrag erteilt, einen Vorschlag zur Fortführung des Gesetzes vorzulegen, wohl wissend im Übrigen, dass dem Landtag nach Artikel 94 ein solcher Gesetzentwurf bereits zugegangen ist.

Ein Auftrag, herauszufinden, weshalb die Kommunen eine solche Zurückhaltung üben, findet sich im Entschließungsantrag aber nicht.
Da zu befürchten ist, dass auch dieses Gesetzgebungsverfahren den Landtag am Ende sehr kurzfristig, kurz vor dem Auslaufen des Gesetzes, erreicht – dafür ist das Innenministerium ja inzwischen bekannt -, haben wir Sorge, dass dann wieder keine ausführliche Auseinandersetzung mit den Ursachen dafür, dass dieses Gesetz in den vergangenen Jahren kaum noch Anwendung gefunden hat, stattfinden kann. Deshalb beantragen wir, den Bericht an den Ausschuss zu überweisen, damit wir bereits jetzt beginnen können, den Neustart des Standarderprobungsgesetzes, den wir unbedingt unterstützen, vorzubereiten und gemeinsam mit den Akteuren der Kommunen die Erfordernisse auszuloten, das Gesetz handhabbarer zu machen und weitere Maßnahmen zur Erreichung von Verwaltungsvereinfachung zu ergreifen.

Eine Überweisung könnte den Landtag auch in die Lage versetzen, den
Entschließungsantrag der Koalition zu qualifizieren. Darin steht nämlich ansonsten neben dem Auftrag, einen Vorschlag vorzulegen, nichts Sachdienliches, das mit dem Standarderprobungsgesetz zu tun hätte. Es steht etwas über Normenkontrolle und Best-Practice-Beispiele darin. Das ist bereits reguläres ministerielles Handeln, ebenso wie Normenkontrolle, Verständlichkeit und nachhaltige Förderprozesse. Das ist tatsächlich eine neue Qualität, liebe Koalition. Dieser Antrag ist wirklich nichtssagend,
weshalb wir uns enthalten werden.

Letzter Punkt: 2007 legte der bereits erwähnte Ausschuss seinen Abschlussbericht vor. Darin wird auf Seite 1 Albert Einstein mit folgendem Satz zitiert: „Es ist verrückt, die Dinge immer gleich zu machen und dabei auf andere Ergebnisse zu hoffen.“ In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Wenn wir wirklich Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung wollen, müssen wir als Landtag mehr tun, als nur einen solchen Entschließungsantrag vorzulegen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“