Mein politisches Jahr 2015

Mein politisches Jahr 2015

Heute will ich mal einen persönlichen Rückblick auf das politische Jahr 2015 werfen. Es soll vor allem darum gehen, was mich neben dem parlamentarischen Alltag beschäftigt hat, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und jeweils nur ein oder zwei wichtige Ereignisse herausgegriffen. Die Landtagsreden und Anfragen lasse ich hier weg. Wer mehr wissen will, klickt sich einfach durch die Blogbeiträge.

 

Januar

Im Januar begannen die Demonstrationen vom Pegida-Ableger BRAMM in Brandenburg an der Havel.Es gab jeweils Gegenproteste (Bericht von der ersten Demonstration hier).

Was wir damas noch nicht ahnten: Bei dieser ersten BRAMM-Demonstration war der Rathenower AfD-Mann Norman Wollenzien anwesend und hielt ein Schild mit der Aufschrift „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ in der Hand. Das Pikante: Wollenzien ist Polizist in Berlin. Mittlerweile ist er vorläufig vom Dienst frei gestellt. Wir werden sehen, wie dies weiter geht. Ich hoffe sehr, dass er dauerhaft aus dem polizeidienst entfernt wird. Nazis gehören nicht in die Polizei.

Und was war noch so? Ein Vortrag zum Umgang mit der AfD auf Landesebene, eine Gedenkrede zu Ehren Karl Liebknechts in Luckau und eine Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage von mir, aus der sich ergab, dass die Bundeswehr-Panzer-Ralley durch das Havelland 100.000 Euro Schaden verursacht hat.

 

Februar

Im Februar beschäftigte mich neben weiteren BRAMM-Gegendemos (Berichte hier und hier und hier) und dem 1. Asylgipfel der Landesregierung vor allem ein Thema: Die geplante Sammelstandortschießanlage der Bundeswehr in der Döberitzer Heide.

Im Dezember 2014 hatte ich nach einen Tipp, dass eine solche geplant sei, eine kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Durch die Antwort, die im Januar eintraf, wurden die Planungen öffentlich. Es gelang, auch durch die Bundestagsabgeordneten Norbert Müller und Harald Petzold und mich über die Landesebene politischen Druck zu erzeugen und Öffentlichkeit zu organisieren. Vor allem in Potsdam formierte sich zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen die Schießanlage. Einige Aktivitäten dazu sind hier und hier und hier dokumentiert. In dem Zusammenhang entstand auch ein Text über die militärische Geschichte der Döberitzer Heide, den ich allen,d ie mehr über das Gebiet wissen wollen, ans Herz lege. Am 6. März war es dann soweit: Die Bundesregierung gab bekannt, die Pläne zur Errichtung der Sammelstandortschießanlage aufzugeben. Das ging aus einem Brief des Verteidigungsministeriums an den Bundestagsabgeordneten Norbert Müller hervor. Ein toller Erfolg für uns als LINKE, die wir dieses Thema auf die Tagesordnung gehoben haben und für die Zivilgesellschaft, die mit uns gemeinsam den Druck so weit erhöht hat, dass die Planungen auf den Prüfstand kamen.

Im Februar gab es außerdem eine Stadtverordnetenversammlung in Nauen, die landesweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Bei der Entscheidung über die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft kam es zu heftigen Szenen durch anwesende Nazis, die gegen die Scheiben trommelten und Parolen skandierten. Ich habe hier im Blog den Bericht eines Bürgers von dieser Veranstaltung veröffentlicht, der sehr anschaulich beschreibt, was dort abgegangen ist.

 

März

Neben der bereits erwähnten Entscheidung der Bundeswehr, keine Sammelstandortschießanlage in der Döberitzer Heide zu errichten, war der März vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Angriffe auf unser Büro in Nauen begannen. Hier befinden sich neben der Geschäftsstelle der Kreispartei auch die Wahlkreisbüros des Bundestagsabgeordneten Harald Petzold und mir. Bei diesem ersten Angriff wurden die Scheiben mit 29 Hammerschlägen zerstört.

Es folgten in den kommenden Monaten bis Juni mehrere Angriffe mit Farbbeuteln, Bruteiern (also Eier in denen schon Küken sind), Aufkleber, verklebte Schlüsser usw. Die Angriffe sind alle hier im Blog dokumentiert, hier findet sich eine Zusammenfassung. Für mich und meinen Mitarbeiter aber auch die vielen Ehrenamtlichen, die in dem Büro arbeiten, waren diese Angriffe emotional hoch belastend. Ich bin sehr froh, dass die Serie ein Ende gefunden und für alle Taten Tatverdächtige ermittelt worden sind.

 

April

Am 20. April kam es zu einer Kreistagssitzung, die uns noch lange beschäftigt hat. Wir als LINKE hatten eine Resolution „Solidarisch mit Hilfe suchenden Menschen – Entschlossen gegen Rassismus“ eingebracht, die von den anderen Fraktionen in einer wirklich unterirdischen Debatte niedergemacht und abgelehnt wurde. Ein Bericht von dieser Sitzung findet sich hier. Monate später gelang es unter dem Eindruck der im August abgebrannten Turnhalle eine durch alle Fraktionen außer der AfD und den NPD-Abgeordneten getragene Resolution im Kreistag zu beschließen. (siehe unten)

Und was war sonst noch so im April? Die Demonstrationen gegen die Flüchtlingsunterkunft in Nauen und die Gegenkundgebungen begannen, der Landrat will auf Kosten des Landkreises Geburtstag feiern und wir besuchten die Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt.

 

Mai

Am 1. Mai habe ich, obwohl ich bekennend nicht kochen kann, das Kochduell mit meine Abgeordnetenkollegen René Wilke in Frankfurt (Oder) gewonnen.

Ansonsten war im Mai aber vor allem erwähnenswert der Streik der BusfahrerInnen. Landesweit haben wir als LINKE diesen Streik politisch und moralisch unterstützt und den Streikenden unsere Solidarität durch Besuche und Gespräche gezeigt. Natürlich waren wir dabei auch im Havelland aktiv und besuchten die BusfahrerInnen in Nauen. Ein Höhepunkt war dann, als wir eine Abordnung der Streikenden bei unserem Kreisparteitag begrüßen durften.

Und sonst? Weitere Anschläge auf unser Büro in Nauen, der 70. Jahrestag des Tags der Befreiung und wir besuchen das Polizeiübungsgelände in Lehnitz, neben dem sich eine Flüchtlingsunterkunft befindet.

 

Juni

Der Juni war geprägt durch viele vor Ort Besuche in Unterkünften und viele Veranstaltungen zur Flüchtlingspolitik. Bspw. wurde in Potsdam-Mittelmark die erste Notunterkunft für Flüchtlinge in Brandenburg in einer Turnhalle errichtet, in Damsdorf sollten 600 Menschen untergebracht werden (diese Planung hat sich mittlerweile zerschlagen), ich besuchte die geplante Außenstelle der Erstaufnahme in Wünsdorf usw.

Und was war noch? Das Konzert anlässlich des internationalen Tags des Flüchtlings am Brandenburger Tor, weitere Kundgebungen in Nauen und die Gegenaktionen gegen den Tag der deutschen Zukunft in Neuruppin.

Dieser bis dahin größte Naziaufmarsch seit mehreren Jahren in Brandenburg konnte durch zivilgesellschaftliches Engagement verhindert werden. Ein toller Erfolg!

Und, nicht zu vergessen: Bramelow, das Wisent für das der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow die Patenschaft übernommen hat, ist in die Döberitzer Heide umgesiedelt. Natürlich habe ich ihn angemessen begrüßt 😉

Juli

Auch der Juli war vor allem durch Veranstaltungen zur Flüchtlingspolitik und Vor-Ort-Besuche geprägt. Und Brandenburg musste erstmals Flüchtlinge in Zelten unterbringen. Ich war vor Ort in Eisenhüttenstadt und habe mir das angeschaut. Mittlerweile muss in Brandenburg glücklicherweise niemand mehr in Zelten schlafen. Hoffen wir, dass wir dies auch in 2016 verhindern können!

Ansonsten habe ich im Juli zwei Artikel zur Flüchtlingspolitik geschrieben, auf die ich hinweisen möchte: „Flüchtlinge willkommen – Der Job der LINKEN in der aktuellen Situation“ und „Was machen die Bayern da eigentlich? Oder: Die perfide Logik bundesrepublikanischer Asylpolitik“

Und etwas hat mich ganz besonders gefreut: Abdul, ein Syrer, der sich an mich gewandt hat und den ich gegenüber dem BAMF unterstützt habe, darf in Deutschland bleiben. Ich freue mich sehr, dass ich ihm helfen konnte.

 

August

Am 25. August brannte in Nauen eine als Notunterkunft geplante Turnhalle vollständig nieder. Diese Tat hat Nauen bundesweit zu trauriger Berühmtheit verholfen. Ich war den ganzen Tag vor Ort und habe am Abend an der spontanen Kundgebung teilgenommen. Die Täter dieses rechtsterroristischen Anschlags sind bis heute nicht gefasst.  Es war der schlimmste Tag in diesem Jahr. Ich hoffe, solche Tage nicht mehr erleben zu müssen. Ein Bericht findet sich hier.

Und auch im August gab es einige Artikel von mir zur Flüchtlingspolitik: „Sachleistungen für Flüchtlinge aus bestimmten Herkunftsländern? – Anmerkungen zur Debatte“ und „Warum es für LINKE nicht in Frage kommt, sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zuzustimmen“.

Außerdem gab es wieder Nazi-Aktivitäten, denen ich mich mit in den Weg gestellt habe, bspw. in Zossen und Damsdorf und auch wieder zahlreiche Vor-Ort-Besuche.

 

September

Durch die Grenzöffnung Anfang September hat sich die Situation in der Flüchtlingspolitik entscheidend verändert. Seitdem ist wohl jede und jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt, pausenlos unterwegs. So auch ich. Neben der praktischen Hilfe an der Erstaufnahme beim Eintreffen des ersten Zugs in Eisenhüttenstadt war ich vor allem damit beschäftigt, die rasanten Ereignisse und Entwicklungen aufzunehmen, zu bewerten und politische Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies zeigen auch einige Artikel, die in diesem Monat entstanden. „Flüchtlingsgipfel des Bundes mit den Ländern – Positionspapier der Linksfraktion im Landtag Brandenburg“ , „Liste der Grausamkeiten – Eine Bewertung des Papiers zur Flüchtlingspolitik der CDU/CSU-Fraktion“ und „Eine erste Einschätzung zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels“.

Ansonsten gelang es angesichts des Turnhallenbrands in Nauen doch noch, dass der Kreistag eine Resolution gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verabschiedet und ich durfte dem Neuen Deutschland ein großes Interview zur Flüchtlingspolitik geben.

 

Oktober

Ende September/Anfang Oktober war ich für 5 Tage auf einer Bildungsreise zum europäischen Grenzregime. Diese wurde durch die Fraktionsvorsitzendenkonferenz der LINKEN und die Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert. Sie ging nach Tunis und Palermo. Durch die Gespräche und Besuche vor Ort habe ich sehr viel über europäische Abschottungspolitik gelernt, aber auch viele Anregungen zur Integration von Asysuchenden mitgenommen. Zu jedem Tag findet sich hier im Blog ein Bericht: Tag 1, Tag 2, Tag 3, Tag 4 und Tag 5.

Und was war noch? Ein antirassitisches Fußballturnier in Nauen, ein Interview mit Abdul, dem ich in seinem Asylverfahren helfen konnte und ein Treffen mit dem Bauunternehmer Brumm und seiner Frau, die sich in Meißen für Flüchtlinge engagieren und denen ihr Mehrfamilienhaus angezündet wurde, in denen Flüchtinge untergebracht werden sollen.

Einen Artikel möchte ich noch empfehen: „Wenn Hass gesellschaftsfähig wird – und was man dagegen tun kann“

Und dann war da noch…. Der Übertritt des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der FDP im Brandenburger Landtag, Andreas Büttner, zur LINKEN. Ich habe im Vorfeld lange Gespräche mit Andreas geführt und freue mich noch immer sehr über seinen Schritt.

 

November

Im November fand der Landesparteitag der LINKEN statt. Neben einer politisch-strategischen Positionsbestimmung für die kommenden Jahre, war er geprägt von der Debatte zur Verwaltungsstrukturreform. Und auch die aktuelle gesellschaftliche Situation kam nicht zu kurz. Ich durfte den Antrag „Flüchtlinge schützen und unterstützen – Rassismus bekämpfen!“ mit einer Rede einbringen. Ich denke, wir haben uns as LINKE in Brandenburg mit diesem Landesparteitag gut für die kommenden Jahre aufgestellt!

Und was war noch? Der Kreisparteitag der LINKEN im Havelland, da konnten wir noch nciht wissen, dass der Landrat Burkhard Schröder kurze Zeit später seinen Rückzug bekannt gibt. Er war in die Kritik geraten, nachdem er der Landtagsfraktion der AfD einen Besuch abgestattet hat und auch ansonsten hatten wir ja so einige Probleme mit ihm. Nun also folgt im Februar eine außerplanmäßige Landratswahl.

Ansonsten war ich wieder viel vor Ort flüchtlingspolitisch unterwegs. So beim Städte- und Gemeindebund zu einem Erfahrungsaustausch, bei der kommunalpolitischen Konferenz in Brück und diversen Diskussionsrunden.

Und auch einige Texte sind wieder entstanden. Bspw. „Kurzeinschätzung zum Positionspapier von CDU und CSU zur Asylpolitik“ und „Bewertung des Beschlusses der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD zu weiteren Vorhaben in der Asylpolitik“

 

Dezember

Zum wohl prägendsten Ereignis des Dezembers gibt es (noch?) keinen Blogbeitrag von mir: Dem plötzlichen Tod von Klaus Ness, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD im Brandenburger Landtag. Klaus war ein Kämpfer gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und für eine humane Flüchtlingspolitik. Er war der wohl wichtigste Architekt von Rot-Rot und der strategische Kopf der SPD in Brandenburg. Klaus, du wirst mir, du wirst uns und du wirst Brandenburg fehlen!

Und was war sonst? Ein kleines Intermezzo mit der CDU zur Drogenpolitik und ein Kennenlerncafé in Elstal.

Und im Dezember wurde das erste Gesetz, an dem ich intensiv mitarbeiten durfte, beschlossen: Das Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Empfehlen will ich noch: Flüchtlinge in Brandenburg – Behauptungen und Vorurteile im Faktencheck und “Obergrenzen” beim Flüchtlingsschutz nach europäischem Recht nicht zulässig.

 

Das war mein politisches Jahr 2015. Wenn man das so zusammenschreibt, merkt man erst einmal, was alles los war. Nundenn, auf ein spannendes 2016!